Nach längerem wird es wieder mal Zeit, hier ein wenig zu politisieren. Grund ist ein auf meinem Lieblings-Unterhaltungsmedium für Wannabe-Revoluzzer
IndyMedia veröffentlichter Artikel mit dem Namen "
faschistoide 5%-Hürde!". Die Aussage, verpackt in typisch sozialistische Phrasen, ist, dass die in der BRD (und auch in Österreich) existierende 5%-Hürde bei Wahlen lediglich dem Machterhalt der etablierten Parteien diene.
Das ist natürlich Unsinn, und zwar aus ein paar ganz simplen Gründen: wenn man sich die politische Landschaft etwa in der Weimarer Republik ansieht, so wird man erkennen, dass es eine Unzahl von Parteien gab, was zu einer Menge von Problemen führten. So war die politische Landschaft zersplittert, es war schwierig, Koalitionen zu bilden, und Mehrheiten für Entscheidungen zu kriegen. Das bremste den politischen Prozess, bis hin zu einem gewissen Stillstand. Und das war durchaus ein Co-Faktor, warum der Vertrauen in die (junge) Demokratie wieder verloren ging.
Noch dazu ist die linke politische Szene sehr dazu geneigt, in politische Grabenkämpfe zu verfallen, sich selbst zu zersplittern und dadurch gegenseitig zu schwächen, während etwa im rechten Spektrum zwar eine gewisse Pluralität in Form mehrerer Parteien vorhanden ist, Kooperation und z.B. das Aufteilen von Ländern bei Landtagswahlen (konkretes Beispiel: NPD und DVU in diversen ostdeutschen Bundesländern) jedoch auch möglich ist. Zu den politischen Grabenkämpfen gibt es klassische historische (eskalierte) Beispiele, wie z.B. dass sich die verschiedenen linken Gruppierungen im Spanischen Bürgerkrieg, statt das Regime, lieber sich selbst gegenseitig bekämpften.
Um also einer so starken Zersplitterung entgegenzuwirken, und um für politische Stabilität zu sorgen, wurde diese "faschistoide" 5%-Hürde eingeführt. Dass sich neue Parteien etablieren können, ist schon möglich, ein exzellentes Beispiel sind etwa die Grünen Parteien in Europa, die in den späten 70ern bzw. frühen 80ern in vielen westeuropäischen Ländern entstanden, und relativ schnell Einfluss gewinnen konnten. Der Unterschied zwischen den Grünen und der hundertsten sozialistisch-trotzkistisch (oder was auch immer) Partei ist halt aber auch, dass die Grünen ein grundauf neues, unkonventionelles Programm zu bieten hatte (und IMHO immer noch hat), während im "traditionellen", also klassisch sozialistischen Spektrum in allen Ausprägungen über teilweise völlig irrelevante Details gestritten wird, und die "klassischen" Parteien wie SPÖ und KPÖ wegen einer zu starken "Verbürgerlichung" und der Akzeptanz demokratischer Institutionen (ergo: Veränderung durch Reformen statt Revolution) werden sowieso abgelehnt.
Wenn man mit Leuten aus genau diesem Spektrum (oder auch etwas gemäßigter, wie z.B. KPÖ) spricht, so merkt man schon, dass jeder sein eigenes Ding machen will. Jeder will Revoluzzer sein, und jeder will der Anführer sein, anstatt sich einer bestehenden Bewegung anzuschließen. Tja, auch in der linken Bewegung will jeder möglichst viel Macht für sich, und die Revoluzzer der kommunistischen Umstürze im 20. Jahrhundert sind auch alle die späteren Diktatoren in den jeweiligen Ländern geworden. Will man jetzt böse sein, so könnte man jetzt unterstellen, dass gerade das der entscheidende Punkt ist, warum die Linke so aufgesplittert ist.
Aber wahrscheinlich ist das "faschistoid" einfach als "die lassen uns nicht mitspielen!!11!" zu interpretieren, dann macht das alles wieder Sinn, und ist so herrlich einfach zu argumentieren.